Ist man auf der Suche nach sex-positiven oder kinky Partys in Berlin, kommt man nicht um den berühmt-berüchtigten KitKat Club herum. Er ist ein Ort, über den viele reden. Wer ihn betritt, taucht ein in eine andere Welt: ein Spielplatz für Erwachsene, ein Ort für Selbstentfaltung, für Musik, Ekstase und Grenzerfahrungen. Viele berichten von einem Gefühl der sexuellen Freiheit. Doch ist das wirklich so? Der Club hat nämlich auch seine negativen Seiten.
von Nele Klieme
Ein Ort, an dem (fast) alles geht
„Alles kann, nichts muss“ – dieser Satz beschreibt das Lebensgefühl des KitKat wohl am besten. Es ist absolut legitim, nur wegen der Musik zu kommen, stundenlang zu tanzen, mit wildfremden, aber offenen Menschen Gespräche zu führen und einfach am Pool zu chillen. Der sexuelle Aspekt ist präsent, aber nie Pflicht.
Der Dresscode ist dabei nicht nur Teil des Reizes des Clubs, sondern eine Einladung zur Selbstentfaltung. Was anfangs einschüchternd wirken kann – die große Nacktheit, das zur-Schau-Stellen – kann auch schnell zu einem Gefühl der Befreiung führen. Das Outfit, das ich trug, gab mir eine ungeahnte Portion Selbstvertrauen. Im Gegenteil: Wer zu bekleidet kommt, würde hier eher negativ auffallen und sich womöglich unwohl fühlen. Es ist ein Raum, in dem Körper gefeiert werden können.
FourPlay und Awareness
Meine Erfahrungen im Kitty beschränken sich auf die FourPlay-Party, die jeden ersten Freitag im Monat stattfindet. Sie wurde mir von vielen Leuten, die regelmäßig ins Kitty gehen, ans Herz gelegt, da es die einzige Party mit Awareness-Team ist – ein Team, an das man sich wenden kann, wenn etwas passiert, wie Gewalt, Übergriffe oder Ähnliches. Grundsätzlich hatte ich das Gefühl, dass die Menschen bei der FourPlay Party rücksichtsvoller und reflektierter sind als in anderen Mainstream-Clubs. Es entsteht ein Miteinander, das nicht oft zu finden ist. Das strenge Handyverbot sorgt außerdem dafür, dass man mehr im Moment ist.
Ein Raum für Kinks – ohne Urteil
Das Kitty ist vor allem auch ein Paradies für alle, die ihre Kinks und Fetische ausleben wollen, ohne belächelt oder stigmatisiert zu werden. Es kann auch ein Ort sein, an dem man sich ausprobieren kann – ganz ohne Scham, ohne Verurteilung. Dennoch ist er nicht unbedingt geeignet für Anfänger*innen, die bisher keine vorherigen Erfahrungen in diesem Bereich gemacht haben, denn das Kitty kann dafür nicht wirklich einen sicheren Raum bieten.
Die Schattenseiten …
So offen und faszinierend der KitKat Club auch ist, er ist definitiv kein unumstrittener oder unproblematischer Ort. Erst Ende 2023 kam heraus, dass dem kontroversen Rammstein-Frontsänger Till Lindemann Eintritt ins Kitty gewährt wurde. Außerdem sollen mehrere Türsteher Kontakte zur rechtsextremen Szene haben. Inwieweit solche Aspekte gewährleisten können, dass der Club ein “safer space” ist, für den er von vielen häufig gefeiert wird, ist durchaus fragwürdig. Safe spaces gibt es sowieso nicht.
Die Realität ist: Auch hier gibt es übergriffiges Verhalten, teilweise strafrechtlich relevantes. Sowas ist vor allem an einem Ort, wo sich Menschen in einer gewissen Anonymität sicher fühlen und die sexuelle und körperliche Freizügigkeit ausnutzen können, besonders schwer handzuhaben. Die Awareness-Teams können einiges auffangen – aber eben nicht alles.
Und ja – auch der Substanzkonsum ist omnipräsent. Das kann anstrengend sein – besonders, wenn man selbst klar bleiben möchte. Lange Schlangen an den Toiletten und Menschen, die manchmal nicht mehr ganz zurechnungsfähig wirken, gehören ebenso zur Realität des Clubs wie fantastischer Techno, ekstatische Tänze und sexuelle Offenheit.
Mein Fazit
Der KitKat Club ist ein besonderer Ort – kein Zweifel. Er bietet Möglichkeiten zur Selbstentfaltung, zur Begegnung, zur Freiheit, die man sonst selten findet. Aber er hat wie alles im Leben auch dunkle Seiten.
So toll meine Zeit im Kitty auch war, ich hatte auch Schwierigkeiten mein Bedürfnis nach einer wilden Nacht mit meinen Werten als linke Feministin zu vereinbaren (das sich-gut-Stellen mit Türstehern, die möglicherweise Verbindungen ins rechtsextreme Milieu pflegen oder einen Musiker hereinlassen, der misogynes Verhalten an den Tag legt, hat durchaus einen faden Beigeschmack). Gleichzeitig möchte ich einen so besonderen Ort wie das Kitty nicht einfach irgendwelchen respektlosen, übergriffigen, lauten heterosexuellen cis-Männern überlassen, die sowieso schon überall in unserer Gesellschaft extrem viel Raum einnehmen. Daher werde ich auch weiterhin ins Kitty gehen, mir meinen Raum als Frau nehmen und Spaß haben!
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